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Manchmal rufe ich dorthin, Cover

Covergestaltung: Lika Trinkl, basierend auf einem Video-Still von Gertrude Moser-Wagner

Milena Verlag, Wien, 2004

Bilder Erscheinungen

Bilder tauchen auf, grelle Bildeinstellungen von Gewalt und Angst, von Tod, Krieg und Jagd.
Bilder, denen sich niemand entziehen kann, die uns täglich verfolgen, einholen, anspringen.
Wieder tauchen Bilder auf, andere jedoch, Traumsphären, in welche das sprechende Ich sich unter dem Eindruck von Gewalt zurückzuziehen versucht; immer wieder jedoch kommt es zu Interferenzen, schießen der Schmerz in die Träume ein. Gegen Ende des Buches jedoch nimmt die Imagination überhand, verselbständigen sich die Traumbilder.
Auf je eine Gewaltszene folgt zunächst eine Traumszene in einer Art Spiegelung, Interaktion oder auch Kontrastierung. Es bieten sich daher auch mehrere Lesarten des Textes an: Entweder alternierend links, rechts oder nur die Texte auf der linken Seite (die grausamen) bzw. nur die Texte auf der rechten Seite (die Flucht- und Traumsphären) lesen.
Schließlich wird die Leserin, der Leser von der Welt der Imagination gänzlich eingeholt:
Was bleibt, sind die Visionen.

Die Autorin schließt verfahrenstechnisch an zwei ihrer ebenfalls im Milena Verlag erschienenen Bücher an: Sie nimmt die Gewalt und den Schrecken noch einmal ins Visier (Täter sind Risse. Betrachter, 1996), bietet aber zugleich Alternativen aus Schönheit an (Briefe ohne Gesicht, 1992).

Textauszug:

In den Schmerzlöchern stecken Hunde mit verfärbten Schnauzen.
Das Blut spritzt senkrecht und geht durch die Luft.
In den Wolken dann ruht das rufende Blutschlammgemisch und erinnert an erste Tage.
Jene Tage vor der Sprache und dem Krieg, vor der Häutung, der Köpfung und den Schützengräben, vor den Lagern und den Bunkern, vor der Tarnung und der Feuermauer.
Jetzt ist alles Spielzeuggemisch unter einer reglosen , kalten Glasglocke.
Spiegelnde Flächen, obszöne Gesten im Bildschrott, Staubbelag, Todgesichter.
Püppchen im Blickpunkt. Das Werkel Körper rennt, morsche Teile, schwimmende Zungen. Gebrochene Arme und Beine, verdrehte Köpfe, durchsiebte Weichteile.
Engelchen. Mit Augen ohne Sehkraft sind sie kein Bild noch Körper.

Im Dunkel. Und dann frage ich dorthin. Ins Helle ins Klare. Und dann tragen drei Bäume. Rot. Gelb. Tiefbraun. Es ist, als wären sie mit Liebe übergossen. Mit vielen Schichten von Antworten. Es ist, als seien sie nach würzigen Hölzern duftende, als seien sie Rosen ohne Blättergestrüpp. Oder Damen. Oder Schwestern. Dann kommt jeden Tag kommt der Schlaf über mich: Eines Tages verließ ich das Zimmer, aber als Wald. Oder als Tag verließ ich den Wald und war Zimmer. Die Bäume standen am Weg und häuften ihr Lächeln, diese freundliche Abwesenheit des Sturms. Jetzt sitzen sie als alte Pärchen neben mir und nennen sich Bilderwald. Und ich. Habe die weißen Hagelstücke auf ihren bloßliegenden Wurzeln vergessen. Habe die stark gestochene Landschaft vergessen ich ich und dann frage ich dorthin.

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